19. Dezember 2019

Dachbegrünung in Bremen-Findorff: Ein Azubi-Projekt

Dass Dachbegrünung nicht nur schön anzusehen ist, sondern zum Beispiel auch Nahrungsquelle für Bienen und andere Insekten sein kann, steht außer Frage. Das weiß auch die Wohnungsbaugesellschaft ESPA-BAU, die die Grewe Grünflächenservice Bremen GmbH beauftragte, ein etwa. 600m² großes Tiefgaragendach in Bremen-Findorff mit einer bienenfreundlichen Dachbegrünung zu versehen. Und die sollte in jedem Fall schön anzusehen sein, da die Fenster und Balkone der umliegenden Gebäude auf das Gründach ausgerichtet sind. Vor dem Tiefgaragendach befand sich außerdem eine 70 m² große Fläche, die eintönig bepflanzt war und auch diese sollte im Zuge der Dachbegrünung mit Bienennährgehölzen ergänzt werden.

Bei diesem Auftrag hatten unsere Bremer Auszubildenden aus dem dritten Lehrjahr, Jan Wulferding, Moritz Talke, Hans Schindler, Leon Holz, sowie Nils Burfeindt aus dem 1. Lehrjahr, den Hut auf, denn sie haben das Gründach nicht nur geplant, sondern das Projekt in Eigenregie umgesetzt – unterstützt wurden sie dabei von Frank Müller, unserem Meister.

Dachbegrünung in der Theorie

Bereits im Mai haben alle Auszubildenden im Rahmen des Azubi-Tages das Thema Dachbegrünung durchgenommen. Gemeinsam mit Astrid Torrens, unserer Ausbilderin in Bremen, wurde dabei über intensive und extensive Dachbegrünung gesprochen und die unterschiedlichen Schichten beim Aufbau einer Dachbegrünung erläutert. Auch die anschließende Pflege von Gründächern war Thema des Vortrags. Im Anschluss standen für die Azubis des 3. Lehrjahres einige bei uns auch in Städten vorkommende Wildbienenarten mit ihren Eigenheiten bezüglich Brutstätten- und  Nahrungsauswahl auf dem Lehrplan. Insbesondere die Tatsache , dass die Wildbienen beim Sammeln der Pollen als Nahrung für ihre Larven sehr spezialisiert sind und oft nicht weiter als 500 Meter fliegen (Honigbienen hingegen mehrere Kilometer), hat die Planung des Gründachs beeinflusst. Auch die im städtischen Bereich vorkommende Scherenbiene, die auf bestimmte Glockenblumenarten als Futter für ihre Brut spezialisiert ist, aber auch gerne Nisthilfen, wie vorgebohrte Löcher in Stämmen oder Schilfrohre annimmt, wurde unter die Lupe genommen.

Einige Sand- und Glanzbienen nisten auch in selbstgegrabenen unterirdischen Gängen. Sie sind jedoch nicht mehr sehr häufig in Deutschland anzutreffen, aber auch diese Arten sollten in der Planung berücksichtigt werden.

Gut geplant ist halb gewonnen

Die Auszubildenden haben das Gründach also nicht nur mit den preislichen Vorgaben des Auftraggebers, sondern auch mit den Ansprüchen der Wildbienen geplant. Es wurde ein geringer Dachaufbau mit Sedumansaat gewählt, der im Vergleich etwas preisgünstiger ist. Um den Bienen gerecht zu werden, ist in der Mitte der Dachfläche ein Wall auf einem höheren Dachaufbau entstanden, der mit trockenresistenten Staudenarten – vornehmlich fünf verschiedenen Glockenblumenarten – bepflanzt wurde. Im kommenden Frühjahr wird diese Fläche noch von einer Ansaat mit insektenfreundlicher Saatgutmischung aus zum Beispiel Schafgarbe, kleiner Odermennig, Kornblume, Johanniskraut, Färberkamille, Graslilie ergänzt. Da die Bienen auch Material zum Verschließen ihrer Nistgänge benötigen, bzw. Material, um ihre Nistgänge zu graben, wurden zwei Stellen mit Sandflächen integriert.

Hier wurden auch Blumenzwiebeln gesetzt, um zum Beispiel Hummelköniginnen, die schon im März fliegen, eine Nahrungsquelle zu bieten. Des Weiteren wurde zum Abdecken einer erhöhten Fläche auf dem Tiefgaragendach eine Wand aus Hölzern geschaffen, in die als Nisthilfe kleine Löcher gebohrt wurden, damit die Wildbienen dort nisten können. Auf dieser Fläche, unmittelbar unter einem vom Künstler Claus Lumma gestalteten Wandbild mit Biene, befindet sich auch eine Bienentränke aus Lehm. Auch Findlinge wurden zur Gestaltung der Fläche eingebracht, um den Bewohnern einen weiteren Blickfang zu bieten.

Planung wird Wirklichkeit

Am 19. November ging es mit diversen Vorarbeiten los: Die Auszubildenden installierten die Nisthilfen, und legten die Kiesstreifen um die Abläufe und Dachkante. Am Folgetag lieferten Lkws das Dachsubstrat (ca. 80m³) – eine leichte Blähtonmischung, die auf das Dach gepustet wird.Es war eine durchaus schweißtreibende Arbeit, denn der Schlauch war schwer und musste angehoben werden, um das zuvor ausgebrachte Vlies nicht zu verrücken. Nachdem eine ebene Fläche von ca. acht Zentimeter Höhe erzeugt wurde, kam am folgenden Tag das etwas humusreichere Substrat für den Wall, der auf einem Drainage- und Speicherelement („Eierkartons“) aufgebracht wurde – danach ging es mit den Saat- und Pflanzarbeiten weiter.

Die Sedumsprossenansaat (35 kg) wird wie eine Rasenansaat per Hand ausgebracht, dann eingeharkt und angewalzt. Die Stauden (ca. 90 Stück plus 190 Sedum), die zu unterschiedlichen Zeiten im Jahr blühen, sodass die Bienen immer eine Nahrungsquelle finden, wurden auf dem Wall eingepflanzt und der Lehm zu einer Mulde geformt, in der sich das Wasser sammeln kann. Im Beet vor der Tiefgarage wurden die überalteten Gehölze gerodet und einige Rankgitter für Klettergehölze angebracht – hier blühen im kommenden Frühjahr die einheimische Waldrebe und wilde Rosen.

Die Gehölze, die dann in das Beet gepflanzt wurden, blühen zu unterschiedlichen Zeiten. Als Verdunstungsschutz brachten die Auszubildenden Rindenmulch auf. Im Anschluss wurde die Baustelle gereinigt und schon eine Woche später konnten die Azubis bei einem Pressetermin Rede- und Antwort stehen.

Ab Frühjahr 2020 beginnt auch die Pflege des Daches, denn unerwünschter Aufwuchs, vor allem Gehölzsämlinge, müssen entfernt und die Kiesstreifen von Aufwuchs freigehalten werden. Außerdem muss ggf. gewässert werden, um den Stauden das Anwachsen zu erleichtern. Während der Pflegemaßnahmen werden die Auszubildenden beobachten, wie die Nisthilfen besiedelt werden – und wir berichten an dieser Stelle weiter über dieses spannende Projekt!